Nur wenige Menschen können auf eine so lange und erfolgreiche Laufbahn in der Motorradwelt zurückblicken wie Arturo Magni. Mehr als zwei Jahrzehnte lang stand Magni an der Spitze des in seinen besten Tagen unschlagbaren MV Agusta-Teams und an jedem Biker Stammtisch wird über den großen Arturo philosophiert. Nachdem die Firma aus Gallarate 1976 dem Rennsport den Rücken kehrte, baute Magni sich eine neue Existenz auf als Hersteller von hochwertigen Straßenmotorrädern, vornehmlich solchen – wie auch bei den MV-Straßenmodellen – mit Kardan.
Magni begann mit eigenen Rahmen für die großen MV-Modelle, doch seinen ersten Kit-Coup landete er zu Anfang der achtziger Jahre: für den luftgekühlten Reihenvierzylinder der großen Honda-Modelle. Doch der Erfolg dieses Fahrwerk-Kits blieb noch weit hinter dem seiner zweiten MB-Unternehmung zurück: Von der MB 2 mit BMW-Boxermotor wurden mehr als 100 Exemplare gefertigt. Man konnt sie als Rolling Chassis oder als komplettes Motorrad kaufen.
Der Ruf eines idealen Langstreckenmotorrades lässt sich den großen Boxern von B>MW kaum streitig machen. Doch als Musterbeispiel für gutes Handling sind sie bislang nur selten zitiert worden. Dank der bei Weitem nicht optimalen Gewichtsverteilung müssen BMW-Fahrer mit dem Hochgeschwindigkeitspendeln leben. Und auch der Kardanantrieb, so praktisch er sein mag, hat durchaus seine Eigenarten, die in der Serienversion der bayerischen Boxermotorräder voll zur Geltung kommen.
Das war für Arturo Magni Anlass genug, auf Anregung seines bundesdeutsche Importeurs, Micheal Handen aus Baden-Baden, einen Rahmen zu bauen, der die Unarten des BMW-Boxers kurieren sollte. Vorgestellt wurde die MB 2 auf der IFMA – und genau so lange schon eilt ihr der Ruf voraus, eines der besten Motorräder dies- und jenseits der Alpen zu sein. Wer in der Magni nur einen Umbau zum Café Racer sieht, versteht sie falsch, auch wenn der erste Blick ihm recht geben mag. Denn der mit Agron-Schutzgas geschweißte Doppelschleifenrahmen aus Crommolybdän-Rohr ist nicht nur in Sachen Steifigkeit – vor allem im Bereich der großzügig verstärkten Lenkkopfpartie – dem Original überlegen, sondern wiegt auch zwei Kilogramm weniger.
Der um 30 mm auf 1490 mm verlängerte Radstand lässt die Maschine bei Höchstgeschwindigkeit ruhiger liegen, auch der durch den weiter vorn plazierten Motor veränderte Schwerpunkt trägt dazu bei. Das Fahrverhalten verbessern sollen auch die in teflonummantelten Kugellagern gelagerte Hinterradschwinge sowie die beiden hinteren Marzocchi-Stoßdämpfer mit geringerem Federweg, dagegen aber strafferer Dämpfung.
So gelang es Magni, das BMW-typische Aufstellmoment zu lindern, das durch Bremsen, Schalten oder die Massenträgheit des Kardan hervorgerufen wird. Der Komfort wird durch die straffere Abstimmung nicht beeinträchtigt. Handling und Kurvengeschwindigkeiten gewinnen jedoch deutlich gegenüber denen der Serien-BMW.
Für Kunden mit einer Abneigung gegen halbe Sachen bot Magni eine Reihe von – aufpreispflichtigen – Spezialteilen an: Forcella Italia-Gabel mit 38 mm Standrohrdurchmesser und siebenfach einstellbarer Dämpfung, plasmagehärtete Aluminium-Scheibenbremsen zur Reduzierung der ungefederten Massen, Vierkolben-Bremszangen von Brembo oder – wie die Alufelgen von EPM und auch nur in manchen Ländern zugelassen – Kohlefaserfelgen, die Arturo-Sohn Carlo Magni als erster für den Einsatz in Straßenmotorrädern baute.
Auch beim Styling handelte es sich um eine Gemeinschaftsproduktion zwischen Magni und Magni-Sohn: Giovanni Magni ist nicht nur Partner seines Vaters in der Firma “Elaborazioni Magni”, sondern auch für das gelungene Styling der MB 2 mitverantwortlich. Die Vater und Sohn-Firma hatte ursprünglich mit der Herstellung von Rahmen und einigen Bauteilen begonnen. Später, als die Nachfrage danach nicht mehr ignoriert werden konnte, wurden auch komplette Motorräder angeboten. Die eingebauten Motoren mit geringer Laufleistung kamen entweder aus Versicherungsschäden oder – gegen einen saftigen Aufpreis – brandneuen Maschinen. Doch für deren Fahrwerk fand Magni überraschend wenig Abnehmer. Eine Anfrage bei BMW, ob auch Motoren zu beziehen seien, wurde abschlägig beschieden – wie es später auch im Fall der Cobas K 100 geschah.
Vielleicht, lässt sich spekulieren, war die Überlegenheit der Magni in puncto Handling und Fahrleistungen die Ursache dafür. Denn mit einem Gewichtsvorteil von 25 kg gegenüber einer serienmäßigen R 100 RS zog die Magni-BMW der Münchnerin nicht nur im Spurt davon, sondern auch in der Höchstgeschwindigkeit. Eine Fachzeitschrift ermittelte bei einem Test einen Unterschied von 20 km/h. Das lag natürlich auch an dem besseren Luftwiderstand der Magni. Hier machten sich noch immer diejenigen ausführlichen Windkanaltests bezahlt, die Magni in seiner Eigenschaft als MV-Rennleiter ein Jahrzehnt zuvor durchgeführt hatte.
Für viele Motorradfahrer stellt die Magni-BMW fast die ideale Straßenmaschine dar: Ihre Fertigung in geringer Stückzahl sichert ein hohes Maß an Exklusivität, die große Zahl der Originalteile macht sie praktisch, Kardan, Stoßstangen-Ventiltrieb und der leicht zugängliche Motor sorgen für Wartungsfreundlichkeit. Und bei alldem bietet sie den Elan eines italienischen Motorrades und ein deutlich verbessertes Fahrwerk. Eben ein ungeheuer praktisches Traummotorrad.
Auch ein Motorrad der Marke, die auf der Rennstrecke erfolgreicher war als selbst Ferrari: MV Agusta. Doch während die Sportwagen mit dem springenden Pferd im Wappen immer Faszination vermittelten, fehlte den Straßenmotorrädern von MV Agusta jahrelang die rechte Ausstrahlung. Niemand hätte je einen Ferrari langweilig nennen können – doch die meisten MVs waren genau das: langweilig, was sich in den letzen Jahren rapide änderte.